Fairness ist nicht kostenlos

Protest - gegen einseitige Berichterstattung


Liebe Kunden

 Dürfen wir Ihr Augenmerk einmal auf die Sendung STERN TV heute Abend richten? Auf Betreiben der Dienstleistungsgewerkschaft VerDi wird ein Bericht über Friseur Azubis in Sachsen gesendet. Berechtigt werden die niedrigen Vergütungen kritisiert. Die Tarifempfehlung nennt 1. Ausbildungsjahr  200,00 €    2. Ausbildungsjahr  235,00 €    3. Ausbildungsjahr  325,00€  Für das Bundesland Sachsen sind solche Vergütungen auch aus anderen Berufen bekannt.

Man sollte aber auch wissen, dass Auszubildende in Nordrhein-Westfalen inzwischen über 700,- Euro Ausbildungsvergütung (3. Ausbildungsjahr) bekommen (Plus Trinkgeld). Anzumerken ist auch: andere Berufe, wie zum Beispiel Erzieher, bekommen Überhaupt keine Ausbildungsvergütung.

Mitgliederfängerei
Als Befürworter pro Mindestlohn und Initiator der Wertegemeinschaft "Der faire Salon" hatte ich VerDi bereits vor Jahren kontaktiert um betroffenen Mitarbeitern eine Anlaufstelle bei Missständen und Lohndumping geben zu können. Mit der Argumentation: ".. dann sorgen Sie erst mal für neue Mitglieder bei uns!", wurde dies von VerDi kategorisch abgelehnt. Schon damals ging es nicht darum, die Interessen der Schwächeren zu schätzen, sondern um Mitgliederzahlen. So auch hier!

Der schon im Teaser der Sendung genannte "zunehmende Druck" welchen Mitarbeiter heute verspüren, erfahren wir aus so gut wie allen Branchen. Auch das hat Gründe: der Preis muss heute Überall möglichst niedrig sein. Dabei hat jede Dienstleistung, jedes Produkt in der Herstellung seine Kosten. Wird der Preis reduziert, so muss an anderer Stelle eingespart werden, entweder an Qualität, Leistungsumfang oder der Entlohnung.

Höhere Löhne  aber wer bezahlt die?
Friseursalons sind in erster Linie Handwerksbetriebe und müssen mit Verrechnungssätzen von mindestens 50,-€ pro Stunde kalkulieren. Um eine Friseurin heute mit 2.000 € brutto im Monat zu entlohnen, sind circa 8.000 € Umsatz/50 € pro Stunde erforderlich, ansonsten ergibt sich ein Verlust. Das was sich leicht anhört ist eines der großen Probleme dieser Branche: seit der Jahrtausendwende hat sich die Zahl der Friseurbetriebe in der BRD fast verdoppelt, während die Einwohnerzahl stagniert.

Somit haben alle Salons in der Regel zu wenig Kunden und zu hohe Leerlaufzeiten, wobei die Discountsalons mit Niedrigpreisen locken und immer mehr Zulauf verzeichnen. 

Der Billigere gewinnt
So wurde kürzlich, ebenfalls im TV, ein Berliner Friseur mit Haarschnittpreisen von 4,99 € vorgestellt. Er berichtete, dass seine Mitarbeiter durchschnittlich 320 € Tagesumsatz erwirtschaften. Wer nachdenkt merkt: das sind pro Mitarbeiter täglich 53 Kunden, bei einer Arbeitszeit von 7 Stunden sind das 9,6 Kunden pro Stunde. Die Kunden stehen Schlange. Normale 30% Leerlaufzeit im herkömmlichen Friseursalon sind die andere Seite, 6 Kundinnen bei guter Dienstleistungsqualität zu beraten und behandeln bedeutet 6 x 50 €uro pro Stunde = 300,- € pro Tag und Mitarbeiter. Der Billigfriseur hat gewonnen und ist Publikumsmagnet.

Die im TV Beitrag genannte Aussage einer Friseurin, dass sie jeden Monat ihren Bruttolohn mal vier erwirtschaften muss um Provision zu erhalten, ist richtig. Das ist die gängige Grenze dessen, ab wann Mitarbeiter sich betriebswirtschaftlich rechnen und Gewinn erwirtschaften. Gemeint ist damit der sogenannte Lohnfaktor als Maßzahl, individuell nach den tatsächlichen Kosten eines Unternehmens berechnet, schwankt dieser heute zwischen 3,5 und 6,0.

Fatal dabei ist: selbst Discountketten erwarten von ihren Mitarbeitern inzwischen Umsätze mit Lohnfaktor 4,4 % dieses bei unterdurchschnittlichen Preisen.

Protest

Als Initiator der Wertegemeinschaft „der faire Salon“, als Unternehmer im Friseurhandwerk und Vorstandsmitglied der Friseurinnung Düsseldorf protestiere ich entschieden gegen eine einseitige Berichterstattung.
Rene Krombholz

Fakt ist:
mit billigsten Preisen und Zuständen, die der Akkordarbeit am Menschen ähneln, sind wir vom ehemals ehrbaren Handwerk weit entfernt. Es ist unseriös Kunden mit Niedrigpreisen zu locken, ohne auf Minderleistung jeglicher Art hinzuweisen. Es gab Zeiten in unserem Land, da wurden solche Geschäftspraktiken geahndet!

Ehrlich und fair agierende Friseure müssen heute mit Stundenpreisen von 50€ kalkulieren. Trotzdem reichen die Erträge nicht immer aus, um einen auskömmlichen Lebensunterhalt für die Unternehmer zu garantieren geschweige denn, höhere Löhne für Mitarbeiter zu erwirtschaften.

Auf der Schattenseite verzeichnen wir aktuell rund 29.000 Friseurbetriebe, die einen Jahresumsatz von weniger als 17.500€ angeben und damit Umsatzsteuerbefreit sind. Man bedenke: Umsatz ist nicht gleich Gewinn! Miete, Energie, Waren, Versicherungen, all das muss von den monatlich 1450 €uro abgezogen werden.

Dieses betrifft nahezu jeden dritten Salon in Deutschland und auch hier scheint nicht alles mit rechten Dingen zuzugehen.  Geprüft werden diese sogenannten  "Kleinstunternehmer" aber nicht: "Das ist nicht lohnenswert!", sagt das Bundesfinanzministerium. Auch das ist allen ehrlich und fair agierenden Unternehmern/innen ein Dorn im Auge.

Der richtige Weg ist der des Umdenkens.
Was wir sparen, nehmen wir uns selber an Qualität oder einem anderen an Lohn weg.

Zurück zum ehrbaren Handwerk sollte das Motto lauten, mit hoher Qualität und besten Präparaten, mit Weiterbildung der Mitarbeiter und fairen Löhnen.

Das erfordert entsprechende Preise  und wir möchten uns hier und heute bedanken, dass SIE das erkannt haben und uns treu sind!

 

 

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