Das Problem "Menschlichkeit"

Irrtümer um ein oft gebrauchtes Wort


Problem Menschlichkeit

Menschlichkeit: ein Begriff, der besonders in der Weihnachtszeit in den Blickpunkt rückt.
Aber was hat Weihnachten mit Menschlichkeit zu tun?
Für viele Menschen ist das gleichbedeutend mit Friede, Freude, viele Geschenke, Harmonie und Glückseligkeit.

Menschlichkeit steht auch in den Konzepten vieler Unternehmer, ganz besonders in inhabergeführten Unternehmen, wie im Friseurhandwerk.
Angenehme Betriebsatmosphäre, Freundlichkeit zu Kunden, ein gutes Miteinander, all das wird in den Begriff Menschlichkeit immer hineininterpretiert.

Auch von Seiten der Mitarbeiter. Als ich vor Jahren (als Gründer der Wertegemeinschaft „der faire Salon“) gegen Unfairness und Lohndumping kämpfte auf der anderen Seite aber auch neue Mitarbeiter suchte, kamen mir ganz besondere Spezies ins Haus: sie verstanden unter Fairness höchstmögliche Löhne ohne Gegenleistung geben zu wollen.

Geht das überhaupt? Menschlichkeit in der Unternehmensführung?

Die meisten unserer heutigen Unternehmenskonzepte finden Ihren Ursprung in den Denkweisen des Industriezeitalters. 
Die hier angewandten QM Managementsysteme stellen Zahlen, messbare Ergebnisse und materiellen Dinge in den Vordergrund.
Der Mensch und seine Bedürfnisse werden hierbei weit Außenvorgelassen, intern als Mitarbeiter und extern als Kunde.

„Wertschöpfung durch Ausnutzung“
sagen die Kritiker dazu. Die hohe Rate der innerlichen Kündigungen so wie Krankenstände, unzufriedene Mitarbeiter und die stetig steigende Zahl der Bourn Outs untermauern diesen Vorwurf.

„Wertschöpfung durch Wertschätzung“
sagt die neue Ethik und stellt den Menschen in den Mittelpunkt des Ganzen.
Ein humanes Weltbild und ein Wertesystem werden in die Unternehmensphilosophie integriert.

Anders, als in anderen europäischen Ländern, gibt es in der Bundesrepublik kaum Schulfächer wie „Ethik“ oder „Soziale Kompetenz“.
So ist es nicht verwunderlich, dass bei uns der Begriff Menschlichkeit im Wesentlichen mit Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft gleichgesetzt wird, und hier auch schon sein Ende findet.

Was aber bedeutet Menschlichkeit?
Menschlichkeit (Humanität) ist keine Erfindung der Neuzeit, sondern findet Eingang in die Wertestrukturen, die Scala der Menschenrechte oder hanseatische Denkweisen.

Bei der Definition des Begriffs Menschlichkeit wird oft auf das Wort „Humanität“ verwiesen.
Hier heißt es dann beispielsweise: harmonische Ausbildung der, in Menschen vorhandenen, Anlagen des Gemütes und der Vernunft, höchste Entfaltung menschlicher Kultur und dementsprechendes Verhalten gegenüber den Mitmenschen. 
Anders ausgedrückt: Weiterbildung und Entwicklung des Menschen und seiner persönlichen Anlagen, um ein besseres Miteinander zu ermöglichen.

Praxisbezogen sieht "Humane Führung" folgendermaßen aus:

1) begegnen Sie Mitarbeitern auf Augenhöhe - Respekt und Transparenz des Unternehmens sind Grundvoraussetzung.
2) geben sie Ihren Mitarbeitern das Recht mitzuentscheiden 
3) Lassen Sie Ihre Mitarbeiter stark werden, fachlich wie auch menschlich
4) Mit ausreichendem Wissen und Selbstbewusstsein werden solche Mitarbeiter die aus der Masse herausragen
5) Geben Sie Ihrem Team Input zum selfmarketing, damit diese zu Leuchttürmen werden und den Kunden signalisieren: Hierhin!
6) Wenn Ihr Unternehmen gewinnt - müssen die Mitarbeiter beteiligt sein und auch davon partifizieren.

Problematiken hierbei:

Leiten Sie Ihre Mitarbeiter an, den Markt und seine Bedürfnisse kennenzulernen.

  Die Mehrzahl der Friseure hat das gleiche Angebot / ähnliche Arbeitsweisen / wie vor 20 oder mehr Jahren.
  In dieser Zeit haben sich Werte, Wünsche, Verhaltensweisen und Möglichkeiten der Menschen gravierend verändert.
  Aus dieser Diskrepanz ergeben sich Probleme aber auch Chancen es anders / besser zu machen
  Entscheiden, Ziele definieren, eine Wahl treffen, kann nur wer ausreichende Kenntnisse über die betreffenden Gegebenheiten hat.
  Nur so können Ziele definiert werden, allerdings- hier stellt sich eines der größten Probleme:

  Mitarbeiter kennen meist nicht einmal die Notwendigkeiten des eigenen Unternehmens. 
  Marktkenntnis, Verbraucherverhalten, gesellschaftliche Entwicklung sind den meisten fremd, zum erforgreichen Arbeiten aber unabdingbar.
  Das war vor wenigen Jahren noch anders, die Entwicklung der Nach-Coronazeit verschärft die Situation drastisch.
  
  Viele Mitarbeiter wollen so etwas nicht - denn dieses Wissen für zur notwendigen Eigenverantwortung. 
  Menschen stark machen, das sind Perspektiven der Gegenwart und Zukunft. Viele haben das nie erfahren, wollen lieber "klein" bleiben.
  Besonders Mitarbeiter die lange im Beruf sind, haben Ihre alten Gewohnheiten die bisher erfolgreich waren. Warum dann ändern? 
  Einfach nur Haare schneiden .... reicht heute meist nicht mehr, denn wir alle haben zu wenig Kunden. 

  Und Nein! 
  Dieses Wissen ist NICHT nur Chefsache. 
  Gute Mitarbeiter sollen und wollen gut entlohnt werden. Dazu sind entsprechende Umsätze zwingend erforderlich. 
  Das wird aber auf herkömmlicher Weise nur noch in Einzelfällen realisierbar sein.

Menschliche Führung, auf eine Formel gebracht, besteht aus:

  • den naturgegebenen Anlagen, die jeder Mensch mitbringt
  • den ethischen Idealen und Wertvorstellungen, resultierend aus Erziehung und Erfahrung
  • und dem daraus resultierenden Verhalten. 

Wenn Mitarbeiter Ihre Umsatzziele erreichen ist alles gut. 
Sollte es anders sein und Hilfen / Wissen / Veränderungen nicht angegangen werden, so müssen Sie als Unternehmer die Entscheidung treffen: 
wollen Sie sich vom betreffenden Mitarbeiter trennen oder wollen Sie die vorhandenen defizitären Umsätze aus eigener Tasche ausgleichen?

Die Duldung eines unpassenden oder schädigenden Verhaltens,
-
sei es im Unternehmen wegen mangelhafter Leistungen und Ergebnisse,
- sei es in der Gesellschaft wegen ungesetzlichen oder unfairen Verhaltens 

wird oft mit Menschlichkeit gleichgesetzt – ist es aber nicht.

Menschlichkeit bedeutet nicht Missstände zu dulden
und Verständnis zu suchen.
Sondern aus dem Verstehen der Fehlhandlungen heraus, Hilfen und Möglichkeiten an die Hand zu geben, um eine positive Veränderung herbeizuführen.

Alles andere ist unterlassene Hilfeleistung.

Übrigens
unser Konzept aus "Der faire Salon" ist nichts anderes: hier betrachten wir Alltagsproblematiken im Friseurhandwerk aus der Perspektive von Unternehmen, Mitarbeitern und Kunden um hier einen Konsens herbeizuführen. Denn langfristig erfolgreich werden Unternehmen erst, wenn alle daran Beteiligten einen Gewinn daraus für sich erkennen.

 

 

 

 

 

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