Goldgrube Friseursalon

Aus Nichts wird GOLD!


In der Ausgabe vom Dienstag 16.Mai 2017 berichtet die rheinische Post über einen Friseur Salon. Warum auch nicht? Selbst das der Kollege türkischer Abstammung ist, scheint nicht ungewöhnlich, hierunter gibt es sehr viele tolle und tüchtige Kollegen.Interessant wird es beim Weiterlesen: der Salon befindet sich im Hinterraum eines Waschsalons der dort seit 1983 betrieben wird. Dieser Raum wurde zum Friseursalon umgebaut, die Ideen lieferte der Friseur selber, die Umsetzung erfolgte mit „Bekannten“. Die rheinische Post beschreibt das Interieur als abenteuerliche Melange.

Das allerdings wird schon ungewöhnlicher, deutsche Behörden (hier Bau- und Ordnungsamt) nehmen es oftmals sehr genau. Es hat in der Vergangenheit schon neu eingerichtete Friseursalons gegeben die nicht eröffnen durften weil die Raumhöhe 1 cm zu niedrig war.

Die rheinische Post erwähnt den Slogan des neuen Unternehmers: „aus nichts wird Gold!“

Leider sieht die Realität im Friseurhandwerk anders aus: von 100,- €uro Einnahme bleiben den Unternehmen kaum mehr als 11,- € die dann als Bruttolohn des Friseurunternehmers zu sehen sind. Für solches Entgelt möchten viele Menschen gar nicht erst aufstehen.

Dieser Slogan hat innerhalb des Kollegenkreises ein großes Kopfschütteln ausgelöst.
Nicht nur, weil er fern jeglicher Realität ist und bei Kunden imageschädliche Assoziationen auslöst, sondern vielmehr, weil die RP hier über ein Geschäftsmodell berichtet was eigentlich verboten gehört.

Die genannte Kundenzahl und Preise lassen den Schluss zu, das es sich hierbei um einen Kleinstunternehmer handelt. In Nordrhein-Westfalen sind dies 29 % der Friseurbetriebe.  Diese geben an, einen Jahresumsatz unter 17.500 € zu erwirtschaften, das sind circa 50 € pro Tag. Hierdurch sind diese Kleinstunternehmer von der Umsatzsteuer befreit und sparen 19% auf der Ausgabenseite.

An Umsatz darf solch ein Salon maximal 1.450 € im Monat erwirtschaften. Hiervon sind Miete, Energie, Versicherungen, Berufsgenossenschaft, Einrichtung, Ware und Material zu zahlen. Was dann noch übrig bleibt ist der Bruttolohn des Unternehmers, hiervon sind ebenfalls noch Einkommensteuer, Krankenkasse und Altersvorsorge abzuführen. Das verbleibende Einkommen nahe der Armutsgrenze ist wieder lebens- noch lobens- und schon gar nicht Berichtens wert. Es fragt sich hierbei warum die rheinische Post über solche Dinge berichtet, die zudem dem Image des Friseurhandwerks schaden.

Auch die vermeintlich niedrigen Preise sind kein Kundenvorteil - man kann dieses getrost anders sehen: spätestens im Ruhestand wird hier die Allgemeinheit Rentendefizite ausgleichen dürfen. Viele derartige Unternehmer beziehen bereits während ihrer Tätigkeit Hilfe zum Lebensunterhalt. Ins Steuersäckel wird hingegen nichts eingezahlt, hier geht das Allgemeinwohl leer aus. Zudem sind von solchen Umsätzen weder Weiterbildung, Ausbildung, Qualitätssicherung oder gute Materialien bezahlbar.

Dieser halbseitige Bericht handelt somit von einer etwas Fragwürdigen auf jeden Fall aber bedauernswerten Existenz eines Berufskollegen. Was daran so interessant sein soll fragen sich derzeit viele Ihrer Leser aus dem Kollegenkreis hier in Düsseldorf. Dieser Artikel ist letztlich ein Schlag ins Gesicht aller ehrlich und fair arbeitenden Friseurunternehmer.

Persönlich habe ich bei der RP angefragt warum solche Beiträge veröffentlicht werden.
Solche Kleinstunternehmer werden niemals in die Situation gelangen, eine Anzeige in der RP zu schalten.
Gleichzeitig hat sich die RP hiermit einige Kunden vergrault….

Feedback der rheinischen Post:
Die zuständige Redakteurin hat sich gemeldet und auch Verständnis für die Verärgerung der Friseure ausgedrückt.
Dieser Artikel sollte keine Werbung für den betreffenden Friseur sein, sondern man habe hier eine Lifestyleszenerie im Stadtteil darstellen wollen.
Dazu gehörten dann auch dieses etwas schräge, außergewöhnliche Konzept und die Lebensumstände dieser Menschen, darum auch die Erläuterung auf das Sammelsurium der Einrichtung, der unklaren Geschäftslage und dergleichen.

Wie Aussagen "aus nichts Gold machen!" beim Endverbraucher ankommen bzw. was diese für das Image des Friseurhandwerks bewirken, hatte man sich weniger Gedanken gemacht, offensichtlich war man sich der Problematik des Friseurhandwerks wohl auch nicht bewusst. Das wiederum zeigt, dass unser Friseurhandwerk eine ganz andere Art von Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit - besonders in Richtung Medien - betreiben muss.

Fakt:
Friseursalons sind Handwerksunternehmen, die Preiskalkulation bezieht sich immer auf die Kosten des Unternehmens in Verbindung zur Arbeitszeit. So sind heute, vorausgesetzt das Mitarbeiter wenigstens Mindestlohn erhalten, ordnungsgemäß Steuern und Abgaben entrichtet werden und kein Schwarzgeld erwirtschaftet wird, Stundensätze von unter 50 € nicht mehr realisierbar.

Problematisch für die gesamte Branche sind Betriebe die mit Minipreisen weniger als jährlich 17.500 € Umsatz erwirtschaften. Diese Betriebe sind als so genannte Kleinstunternehmer von der Umsatzsteuer befreit. Sie brauchen nicht – wie alle anderen Mitbewerber – 19 % ihrer Einnahme direkt an den Staat abführen, sondern können dieses direkt als Gewinn für sich beanspruchen. Das lässt andere Preise zu, verzerrt den Wettbewerb, ist aber ansonsten eher bedenklich. (siehe oben)

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