Keine Extrawurst

Das Friseurhandwerk steht im Blickpunkt vieler Diskussionen


  • Gleiches Recht für Alle!!!
  • Warum werden Friseure bevorzugt?
  • Wir haben schon länger geschlossen als die Friseure…
  • Warum jammern die bereits nach so kurzer Zeit?

… so und ähnlich lauten die Kommentare in den sozialen Medien, wenn es um das Thema Friseure im Lockdown geht. Stimmt – Friseure sind laut geworden, so kennt man Friseure eigentlich nicht. Aber was steckt dahinter? 

Friseure hatten von den letzten 12 Monaten „nur“ drei Monate geschlossen, es gibt Branchen, die mussten in dieser Zeit komplett geschlossen bleiben. So weit richtig, doch Friseure haben weder 75% Umsatzausfall erstattet bekommen, keine November-, und auch keine Dezemberhilfe. Die in Betracht kommende „Überbrückungshilfe III“ kann derzeit – Stand 10. Februar noch nicht einmal beantragt werden. Das ist aber nicht der einzige Grund für die zahlreichen Aktionen des Friseurhandwerks und deren Verbände, die sich massiv bei der Politik für ihre Branche einsetzen.

FAKT: DAS FRISEURHANDWERK UNTERLIEGT ANDEREN GEGEBENHEITEN

Niedrige Gewinne
Soll ein Salon betriebswirtschaftlich und ehrlich überleben, braucht es Stundensätze von 50.- € bis 60.- €uro – ähnlich wie in anderen Handwerksberufen auch. Dort kommen in der Regel Kosten für Material usw. hinzu, dann plus MwSt. 
Das Friseurhandwerk kann dieses nicht annähernd durchsetzen, ist daher das Handwerk mit den niedrigsten Gewinnsätzen überhaupt.

Verzerrter Wettbewerb
Etwa 25% der Friseurbetriebe sind von der Umsatzsteuer befreit, da diese Betriebe einen Jahresumsatz von weniger als 22.000.- €uro erwirtschaften. Diese ersparten 19% Umsatzsteuer werden direkt als Preisvorteil für Kunden weitergegeben, was den Wettbewerb verzerrt.

Marktübersättigung
Die Zahl der Friseursalons hat sich (auch durch die ICH AG’s) explosionsartig vermehrt. Aus 63.000 Salons zu Beginn des Jahrtausends sind rund 85.000 geworden, mit massiven Folgen.

Verdrängungswettbewerb
Mehr Marktteilnehmer bei gleichbleibender Bevölkerung, das bedeutet weniger Kunden für jeden Salon. Der Kampf um die Kunden wird in der Regel über den Preis geführt. 

Entsprechend niedrig sind Umsätze und Gewinne. 
73 % der steuerpflichtigen Unternehmen*1) (OHNE die steuerbefreiten Kleinstunternehmen) kommen über einen Jahresumsatz von 125.000.- €uro nicht hinaus. Bei einem (maximalen) Gewinn von 10% *2) sind das rund 1.600,- € Unternehmerlohn (brutto) im Monat – von daher sind die Rücklagen in diesem Handwerk gering oder bereits aufgebraucht.

Massive Probleme 
Viele Unternehmer/innen sind ohne jegliches Einkommen, staatliche Hilfen lassen auf sich warten, während die Kosten weiterlaufen, Rücklagen sind nicht vorhanden. 

Die Existenz aufgeben und Insolvenz melden, diese Entscheidung ist im Friseurhandwerk in greifbare Nähe gerückt, andere Branchen haben einfach andere Gewinnsituationen und andere Rücklagen. Das bedeutet eine deutlich höhere Gefahr für Existenzen und Arbeitsplätze. 

Quellen:
*1) ZV – Jahresbericht 2018
*2) Wella – EVA Betriebsvergleich


73% der steuerzahlenden Salons kommen über einen Jahresumsatz von 125.000 € nicht hinaus. Bei max. 15% Gewinn eine bedenkliche Situation.

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